Unterwegs Sein

Landschaften, Städte.
Straßen. Straßen. Straßen.

Menschen. Begegnungen.
Einsamkeit. Zweisamkeit.
Stille, Lärm.
Hitze, Kälte, Regen, Wind.

Begeisterung und Adrenalinrausch,
Verzweiflung und Erschöpfung. Geschwindigkeitsrausch und quälendes Schneckentempo.

Immer wieder an die eigenen Grenzen kommen.
Und darüber hinaus.
Den eigenen Körper spüren, die Kraft, die Müdigkeit und die wunderbare Fähigkeit zur Regeneration.

Die Erfahrung von Zeit und Raum, sehr unmittelbar, am eigenen Leib. Ein Gespür für Distanzen und Topographien entwickeln.
Anschauungsunterricht in Geographie, Geologie, Meteologie, Biologie, Psychologie…

Immer weiter.
Immer in Bewegung. Ein fortwährender Zoom auf den Horizont. Es gibt weder Ziel noch Ankommen. Nur weiter.
Immer im Wandel.
Immer vorbei. Und doch mittendrin.
Dasein im Weiterfahren. Unterwegs Sein.

Zentriert sein, während die Reifen immer weiter über die Erdoberfläche rollen.
Gleichmut entwickeln.

Mahlzeiten: vorm Campingkocher auf dem Boden hockend, an Straßenständen oder an gedeckten Tischen. Essen ist immer eine wahre Freude.

Nächte im Zelt, die Sinne geschärft.
Nächte in improvisierten Behausungen,
Nächte in Hotels und bei gastfreundlichen Menschen. Immer wieder neue Zimmer, andere Betten, Gardinenmuster und Badezimmerfliesen.
Immer dieselben Klamotten. Ein Leben aus der Tasche. Ein Minimum an Gegenständen.

Doch den Kopf voll von Eindrücken, Gefühlen, Gedanken. Manchmal auch Leere.
Zum eigenen stillen Beobachter werden: Woher kommen die Gedanken?
Grübeleien, Träumereien, aus dem Nichts auftauchende Gesprächsfetzen, Gesichter, Erinnerungen. Ängste. Schreckensszenarios, plastisch wie im Kino.

Die Gedankenkette zurück verfolgen, nochmal hinspüren, dann loslassen.

Plötzlich geschieht etwas Unerwartetes. Eine Panne, eine Umleitung, ein Mensch, der irgendwas will. Ein Gespräch. Oder nur ein Blickkontakt.
Ein Fotomotiv. Soll ich anhalten oder nicht?

Weiter im Kopfkino:
Immer wieder fasziniert feststellen: wie extrem sich Bergauf-Gedanken von Bergab-Gedanken unterscheiden können, Gegenwind-Gedanken von Rückenwind-Gedanken.

Wohin ich auch komme, mich selber habe ich immer dabei. Negative Gefühle. Positive Gefühle. Ein nicht endender Strom von Gedanken und Assoziationen.

Versuche, den Fokus weg von den Grübeleien auf die Sinneswahrnehmungen zu legen:
Die vielen verschiedenen Gerüche: Nasser Asphalt. Erde. Blüten, Früchte, Bäume. Aas. Menschengerüche: Wäsche. Kloake. Abgase. Holzfeuer. Gegrilltes, Gekochtes, Gebackenes.

Den Wind auf der Haut spüren, Temperaturschwankungen, Luftfeuchtigkeit.

Details am Wegesrand beobachten, Pflanzen, Tiere, Felsen.

Den Rhythmus aus Atem, Puls und Trampeln wahrnehmen.

Selbstgespräche. Murmeln. Schreien. Plötzlich kommt ein Gesang heraus.

Manchmal ist die Strecke eintönig, der Geist schreit nach Input und Ablenkung. Dann ist ein gutes Hörbuch ein Hochgenuss.

Und manchmal ist einfach alles gut, so wie es gerade ist. Dann kehrt Stille ein. Glück. Große Gelassenheit.

JETZT!