4. Washington State (Oktober 2022)

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Am Columbia River sind wir am tiefsten Punkt seit Beginn der Tour, nur 50 m über dem Meer. Ende September ist es noch warm genug ist für ein Bad im Fluss! Carol und Pete wohnen direkt am Ufer auf einem parkähnlichen Grundstück. Sie zeigen uns die Netze der indianischen Fischer, die hier seit Generationen besondere Rechte haben. Der Columbia River hat, wie schon gesagt, in Ost-West-Richtung eine Schneise durch die Gebirgskette gegraben, mit speziellen Windverhältnissen, die bei Surfern aus aller Welt bekannt sind. Carol und Pete haben jahrzehntelang ein Outdoor Magazin herausgegeben. Jetzt sind sie im Ruhestand, aber kein bisschen ruhig. Wenn sie nicht gerade auf einer Radreise sind, planen sie eine neue oder machen auf ihren ultraleichten Gravel Bikes Tagestouren in die Berge. Mit 70 Jahren leben sie so, als gäbe es kein Alter, oder besser gesagt, als dürfe es keins geben.

Und dann geht es auch schon wieder mehr als
1000 Meter bergauf, zum ersten Pass im Bundesstaat Washington, dem Oldman Pass. Wieder sehen wir stundenlang nur Wald und Wald und Wald.

Wir sind in der Nähe des berühmten Mount St Helens. 1980 gab es hier einen gigantischen Vulkanausbruch, seitdem klafft in dem vorher knapp 3000 Meter hohen Kegel eine große Lücke. Aber es fängt an zu regnen, und beim einzigen Aussichtspunkt ist außer Nebel nichts zu sehen. Doch die tiefen Verwerfungen im Asphalt der Straße zeugen noch heute von den Naturgewalten.

Die Vegetation wird abwechslungsreicher. Nach den endlosen Nadelwäldern sieht man jetzt hin und wieder Laubbäume in herbstlichen Farben, Farne und mit Moos und Flechten bewachsene, märchenhafte Baumriesen.

Wir zelten in einem breiten, steinigen Flussbett. Zum ersten Mal trauen wir uns ein Lagerfeuer zu machen. Der Wald ist noch regennass und weit genug entfernt.

Nächster Tag, nächster Pass, durch wolkenverhangene Märchenwälder. Dann wieder viele Kilometer nur bergab, bis wir auf einen Highway stoßen, der durch ein breites Tal nach Osten in Richtung Mount Rainier führt. Dieser ist mit 4392 Metern ist der höchste Gipfel der Kaskadenkette.

Wir haben einen Pausentag nötig. Die Beinmuskeln streiken. Und überhaupt.
Es ist unglaublich: Wir bekommen per Mail den Schlüsselcode von der Berghütte eines Warmshowers Gastgebers und dürfen bleiben so lange wir wollen! Ein Segen, dass es solche vertrauensvollen Menschen auch gibt, im Land des „No Trespassing“, „Private Property“ und „Keep out“…
Einen ganzen Tag verbringen wir mit Schlafen und Essen und Schlafen und einer kurzen Fahrt zum Supermarkt, um noch mehr Essen zu besorgen…

Wir überqueren den 1371 m hohen White Pass, ein Skigebiet, und sehen in der Ferne hinter uns den Bergkoloss, den Mount Rainier, aus den Wäldern ragen. Dann folgt wiederum ein langer Downhill, der am Tieton River entlang weit nach Osten führt. Wir kommen an einem Stausee vorbei, der nur halbvoll ist. An einem Parkplatz drängen sich Wohnmobile mit Anhängern, und überall auf den breiten, steinigen Ufern des Sees rasen Motorräder herum. Ein Moto-Cross-Rennen. So beschert der Wassermangel den PS-geilen Krachmachern einfach einen neuen Spielplatz.

Flussabwärts ändert sich wieder die Vegetation. Die dichten Wälder verschwinden, trockenes Gebüsch und gelbe Grashügel mit schroffen Felsen erinnern an Winnetou-Filme. Tatsächlich gibt es in dieser unfruchtbaren, trockenen Gegend ein Indianereservat.

Wir erreichen die Stadt Yakima. Hier sind wir bei Pete und Jen eingeladen. Wir kommen kurz vorm Dunkelwerden an, ihr Haus liegt am Stadtrand, mit fünfstelliger Hausnummer, ganz am Ende einer mehrere Meilen langen Straße. Die beiden sind als Krankenpflegeausbilderin und Flugzeugmechaniker voll berufstätig, teilen ihr Haus mit zwei Hunden und vier antiautoritär erzogenen Katzen, haben jeder einen Pilotenschein und sind stolze Besitzer einer 60 Jahre alten Cessna. Nach dem Abendessen zeigen sie uns die Baupläne für ein neues, sehr modernes Haus. Das bisherige werden sie dann vermieten, wie auch das 40 Hektar-Anwesen, das sie in Colorado noch besitzen. Mir schwirrt der Kopf angesichts solcher Umtriebigkeit.

Von dort aus geht es den Yakima Canyon flussaufwärts, ein blaues Band zwischen gelben Steilufern. In der Stadt Ellensburg stocken wir kurz unsere Vorräte auf und weiter geht’s. Am Abend wird es schwierig einen Zeltplatz zu finden, alles ist privat oder unzugänglich.
Wir fragen beim erstbesten Haus, ob wir im Garten zelten dürfen. Wir dürfen! Doch wir hätten genauer hinschauen sollen: überall lagen Haufen von Gerümpel herum, ein wahres Messie-Anwesen. So hat alles hat seinen Preis: bis in den frühen Morgen wurde auf dem Grundstück herumgeräumt und -gerufen, Scheinwerfer leuchteten auf, Autos wurden mit laufendem Motor be- und entladen.
Ein nächtliches Business mit Schrott? Wir haben nicht nachgefragt. Als wir am Morgen aufbrachen lagen alle noch im Tiefschlaf.

Noch einmal kommen wir an den Columbia River, der sich in großen Bögen von Norden her durch das trockene Land windet. Über den Tälern schwebt eine dicke Schicht von Rauch, auch hier. Der Wind verteilt den Qualm der Waldbrände weiträumig.

„We have five seasons: winter, spring, summer, smoke and fall“, erklärt Heather. Sie bewohnt mit ihrem Hund ein rundes Haus mit Grasdach mitten in einem Waldstück. Sie ist Anwältin, kurz vor dem Ruhestand. Neben dem Haus steht ein feiner Mercedes Sprinter bereit, für eine baldige Reise in den Süden.

Der letzte Pass der Sierra Cascades Route liegt vor uns: der 1669 m hohe Washington Pass.
Mehrere Stunden Gestrampel sind fällig, jetzt wieder durch dichten Tannenwald, schroffe Felszacken ragen hoch über uns auf. Wir haben großes Glück mit dem Wetter: für Anfang Oktober ist es ungewöhnlich warm und sonnig, der Himmel strahlend blau. Wir rasten am Pass und essen unsere neue Spezialität: Müsli mit geschmolzenem Eis. Den leckeren Kalorienbomben im 1,6 Liter-Familienbecher können wir nicht widerstehen, aber sie reichen uns meistens für drei Mahlzeiten.

Ein letzter langer Downhill führt hinab in verqualmte Abgründe. Durch eine fahle Dämmerung schimmert surreal ein See in der Tiefe, der Diablo Lake. Wir campen in einsamer Finsternis auf einem schon geschlossenen Zeltplatz.

Mit einer Mordsetappe geht dieser Teil der Reise zu Ende. Viele Kilometer fahren wir im Tal des Skagit River abwärts. Der große wilde Fluss, in dem Lachse zu ihren Laichplätzen weit aufwärts schwimmen, die gewaltigen Treibholzstücke, die ausgedehnten Wälder, alles erinnert an Kanada. Kein Wunder, die Grenze ist nicht weit. Aber unser Weg führt ab jetzt wieder nach Süden.

Insgesamt sind wir auf der Sierra Cascades-Route in 32 Tagen 2875 km mit 28.900 Höhenmetern gefahren, das macht 90 km pro Tag. (Das wollen manche Amis wissen).

Weitere Dialoge: „Where have you started?“ – „San Franciso“. “ How far are you going? “ – „Canadian boarder“. „Oh my gosh!“

Mittagspause, wir wollen gerade essen: „Where’re you guys heading to?“ – „South“. „Where’re you coming from? “ – „North“. Womit er zufrieden war und sich trollte.

„You are retired? So you are in full time adventure mode.“

Und noch ein paar passende songs:

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

 

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